Lasst uns zuhause mal beim Namen nennen…

„Wann kommst du denn nach Hause?“, kurz möchte ich antworten. „Aber ich bin doch zuhause…..“, doch ich breche nach dem Einatmen ab und überlege, wie ich das sinnvoll formuliere, für jemanden, der das nicht versteht.
Zuhause. Damit ist dann wohl die Wohnung gemeint, in der mein Bett steht, obwohl es ja überall Betten gibt. Die, die ich selbst eingerichtet hab und das Bett, in dem ich am meisten schlafe. Aber so ist das auch nicht.
Also, wann komme ich nach Hause? Das hab ich mich tatsächlich auch schon oft gefragt und dabei immer wieder überlegt, wo mein Zuhause ist. Wo ich es sich nach Zuhause anfühlt und wenn ich dann hier am Meer sitze und über das endlose Blau schaue, dann bin ich zuhause. Genau hier. Genau jetzt.
Aber wie konnte es mich dann gestern Abend kurz überkommen? Das Heimweh, während ich genau an der gleichen Stelle am Wasser saß und das Meer nicht weniger blau und die Sonne nicht weniger vom Himmel strahlte.
Ein paar einzelne Wolken heute machen den Unterschied vermutlich nicht.

Gestern, da habe ich es vermisst, kurz mal bei F. vorbeizufahren. Mit zwei Avokados in der Tasche und endlosem Gesprächsstoff. Oder L. und M. die jeden Morgen vor meiner Schlafzimmertüre sitzen und auf mich warten.
Dann sind da noch 2xM. und 3xS. und natürlich meine Mama.
S. kommt aus Berlin, oder nennt das jetzt Zuhause, weil ihr Zuhause ist eigentlich wo ganz anders. Aber wenn ich sie frage, ob sie zuhause ist und sie ja sagt, dann weiß ich eigentlich nie, wo sie jetzt genau ist.
Und dann ist das noch G. die ich auch schon viel zu lange nicht mehr gesehen habe und die mir auch gefehlt hat. Gestern Abend. Am Wasser.
Und wenn sie mich heute nochmal fragen würde, wann ich nach Hause komme, dann hätte ich meine Antwort, denn zuhause ist überall dort, wo jemand auf mich wartet.

Blauer Himmel, weiße Wolken, neues Jahr und so viel mehr

Nervosität. Und ob das wirklich alles gut geht. So viele Gedanken, die ich mir seit Tagen mache. Ob ich hier jemanden verletze, oder ob ich das Richtige tue. Aber ich erhalte Zustimmung. So viel Zuspruch und immer wieder der Satz „Ich finds gut, dass du das machst.“ Und ich finde das auch gut. Und ich finde gut, dass ihr mir zustimmt. Dass ich das mit euch teilen kann und weiß, ihr schaut auch diese Fotos gerne an.
Unter mir ziehen weiße Wattewolken zwischen meinem Flugzeug und den Schneebedeckten Bergspitzen vorbei. Hin und wieder hat es eine, die hoch genug ist, darüber geschafft und die Sonne taucht sie in goldenes Morgenlicht. Es sieht aus, als würden wir schweben und ich zücke mein iPhone, obwohl ich jetzt schon weiß, dass ich Handyfotos ohnehin nicht mag und dass sie das hier nicht einmal annähernd so festhalten werden, wie es meine Erinnerungen können. Und da weiß ich auch, dass sie mir niemand mehr nehmen kann.
„So wie man Silvester verbringt, so wird das ganze Jahr.“, sagt man und ich überlege, was letztes Silvester wohl schief gelaufen ist.
Ich habe den Abend so schön in Erinnerung. Eine gute Freundin, meine Mama, Exit Spiele, Fon Due, Wachs gießen und Feuerwerk am See.
Ein Silvester, das ich seit langem einmal wieder zuhause verbringe. Das letzte Konfetti, oder wer weiß das schon, ob es wirklich das letzte war, habe ich erst vor ein paar Tagen noch unter der Kommode hervorgekehrt und mich gefreut. War es doch das ganze Jahr immer mal wieder so, dass ich etwas davon gefunden habe.
Wie schon Silvester, habe ich dieses Jahr so viel Zeit zuhause und in Deutschland verbracht, wie schon lange nicht mehr. Ich habe dekoriert, wie Silvester, ich habe Zeit mit Freunden und meiner Familie verbracht und als ich mich erinnere, dass wir Silvester doch eigentlich eine Person mehr sein sollten, fällt mir ein, dass ich Anfang des Jahres auch noch eine Freundin mehr hatte. Eine sehr gute sogar.
Mir steigen Tränen in die Augen, weil ich weiß, dass wir ohne Corona vermutlich noch befreundet wären, aber verwerfe den Gedanken wieder, denn ich weiß, wahre Freundschaft hält das aus. Weh tuts trotzdem.
Die weißen Wattewolken sind inzwischen zu einer richtig dicken, grauen Wolkendecke geworden und Berge kann man auch keine mehr sehen. Die haben wir hinter uns gelassen.
Das Feuerwerk war ein Traum. Wunderschön, aber doch war es eiskalt. So kalt, dass wir es nicht bis zu Ende geschaut haben. Ich fühle noch das brennen in meinen Beinen und Fingern, als die Wärme zurück kam und ich endlich im Bett lang. Schlitten fahren, das wollten wir am 1. Januar und am liebsten wären wir liegen geblieben, aber wir haben es dann einfach gemacht. Beide geschwiegen und losgefahren. Es war das beste, was ich 2020 gemacht habe. Der perfekte Jahresanfang.
Und während ich 2020 nur allzu oft gerne einfach liegen geblieben wäre, bin ich immer wieder aufgestanden und habe geschwiegen. Meine Tränen weggewischt und heute, am 29. Dezember, da bin ich stolz.
Das hat sich gelohnt. Das war wie Silvester. So wie ich Silvester verbracht habe, so war mein Jahr. Und auch wenn es nicht war wie geplant, so war es doch unvergesslich und trotzdem schön.

„Wie man Silvester verbringt, so wird das ganze Jahr.“ MACHT WAS DRAUS!!

Ich klappe meinen Laptop zu und lehne meine Stirn gegen die kalte Scheibe des Flugzeugs. So fühlt sich Freiheit an und Freiheit, das ist ganz großes Glück.

Weihnachtszauber, Edeka und Oma

„Weihnachten geht es nicht darum, was unter dem Baum liegt, sonder mit wem wir darum sitzen.“

Das habe ich in diesem Jahr ein bisschen öfter gelesen, als sonst und mit Tränen in den Augen schaue ich mir den Edeka Werbespot von 2015 an. Schaut ihn auch an, wenn ihr könnt.
Eine Träne sucht sich den Weg über meine Wangen, bevor sie auf meinen Lippen hängen bleibt. Ich schlecke das salzige Wasser ab und fange an zu überlegen.
Da muss doch etwas zu machen sein, denn drei Stühle, sie werden dieses Jahr leer sein. Leer bleiben. Und es werden drei Geschenke weniger unter unserem Baum liegen und drei Menschen werden mir nicht Frohe Weihnachten wünschen. Diese drei Stühle wird niemand je ersetzen können. Dieses Jahr ist es einer mehr, als die letzten. Dieses Jahr fehlt einer mehr.
Und dann sind da noch Stühle, die wir irgendwie füllen könnten. Mit Menschen, die wir lieben. Wie oft wollte ich Weihnachten schon alleine sein, aber wisst ihr was? Wie oft können wir das noch sein, denn alle die wir lieben, sie werden irgendwann nicht mehr da sein.
„Und wenn ich an Corona sterbe, dann ist es mir egal, denn ich will meine Kinder sehen.“, so oder so ähnlich hallen seit Mai die Worte meiner Oma in meinem Kopf nach. Und weil ich weiß, dass sie das so meint, fahre ich hin. Mit einem ganzen Korb voller roter Weihnachtskugeln und allem, was Weihnachten eben dazu gehört. Ich weiß, es wird ihr egal sein, was ich mitbringe, solange ich es bin, die da ist. Weil sie Weihnachten nicht alleine sein muss und weil wir uns dieses Jahr ohnehin kaum gesehen haben.
Weil sie mich mit Tränen in den Augen ganz fest drücken wird und weil ich weiß, dass ihr niemand und nichts diesen einen Moment nehmen kann.
Weil sie bereits zwei Kinder beerdigt hat und weil es ihr so unendlich viel bedeutet.
Weil für uns Kinder der Zauber der Weihnacht längst vorbei ist, genau deshalb bringe ich ihn ihr morgen zurück. Meiner lieben Oma. Und ihr könnt euch nicht vorstellen, wie groß meine Vorfreude und diese Überraschung ist.
2020 war anders, aber der Weihnachtszauber, den kann uns keiner nehmen.

Lockdown, Träume und was sonst noch so passiert.

Habt ihr euch schonmal verlaufen? So richtig? Ich war 14 Jahre alt, als ich zum ersten Mal vollkommen allein durch den Münchner Großstadtdschungel rannte und nicht mehr wusste, wo ich war. Damals gabs noch kein Handy mit Navi und ich konnte die U-Bahn nicht mehr finden. Tränen liefen mir über das Gesicht, denn ich war auch noch heimlich allein nach München gefahren. Das erste und letzte Mal, dass mir das passiert ist.

Heute laufe ich durch meine eigene kleine Stadt und hab mich verlaufen. Zumindest fühlt es sich genauso an. Ich nannte die Welt mein Zuhause. Zuhause, das bist du. Aber heute kenne ich mich nicht mehr aus. Ich bin unsicher und weiß nicht, was ich tun soll. Wie damals laufen mir Tränen übers Gesicht. Weil ich den Ausweg, den Heimweg nicht finde. Trotz Lockdown, denn es fühlt sich so an, als wäre ein großer Teil von mir einfach dort geblieben. Zuhause, in meinem kleinen Wohnzimmer. Dem Ort, an dem sich nichts verändert hat.

So sehr ich auch für Veränderungen bin, so schwer fällt es mir Geliebtes loszulassen und geliebt, das habe ich sie. Die große, weite Welt. In allen Facetten. Aber heute, da hab ich mich verlaufen. Im Maskendschungel. Im Gesetzeslabyrinth und weiß icht mehr, wohin. Heute möchte ich nach Hause. Heute hab ich Heimweh. Und ich weiß, dass mich niemand nach Hause bringen kann. So sehr ich es mir wünsche. Einfach jemanden, der mich an der Hand nimm und mir den Weg zeigt.

„Der Weg ist schon da, du musst ihn nur gehen.“, seine Worte verfolgen mich. Und ich weiß, wenn ich könnte, dann würde ich ihn jetzt anrufen und ihn fragen. Wo er ist, dieser Weg. Aber das geht nicht, denn die Leitungen in den Himmel, auch die kann ich nicht finden. „Du musst ihn nur gehen.“ und so gehe ich. Jeden Tag einen Schritt. Auch wenn ich gerade nicht weiß wohin. Irgendwann werde ich wohl ankommen und hoffentlich meinem Traum wieder so viel näher sein, als es sich gerade anfühlt. Oder auchnicht, aber zumindest wird da wieder ein Weg sein, den ich kenne. Der sich richtig anfühlt. Und gut. Daran glaube ich ganz fest.

Alles was ich dir noch sagen wollte….

Schon zum was weiß ich wievielten Mal habe ich jetzt angefangen. Diesen einen Brief. Den ich wohl nie beenden werde und wieder reiße ich die Seite aus meinem karrierten Din A4 Block, zerknülle sie und werfe sie unter meinem Tisch in den Papierkorb. Ich wollte dir doch noch so viel sagen, doch die Worte wollen sich einfach nicht sinnvoll aneinander reihen.

Ich wollte dir noch erzählen, von der großen, weiten Welt. Wie schön sie ist. Von Delfinen, riesigen Wasserfällen, Steilklippen, strahlend blauem Wasser, weißen, unberührten Sandstränden und verschiedenen Ländern. Ganz viel von Menschen und wie wenig ich teilweise von ihnen halte. Und natürlich von den Sternen, die auf dem Meer so viel heller, so viel schöner strahlen. Ich wollte dich noch fragen, ob du mich an meiner Hochzeit zum Altar bringst und ob du das alles wirklich ernst gemeint hast. Ob du auf mich warten wirst, wenn ich wieder da bin. Erzählen vom Leben.

Davon, wie riesig ein Kreuzfahrtschiff ist und wie klein es doch auf dem noch viel viel größeren Atlantik wirkt. Wie hoch die Wellen manchmal peitschen und wie schlecht einem dabei werden kann. Ich könnte dir endlich sagen, dass ich es hasse, dass du nicht mehr hier bist und wie oft ich dich anrufen will. Wieviel Zeit ich hätte, dich zu besuchen und wie gerne ich sie mit dir verbringen würde. Wie gern ich mit dir lachen möchte über all die Dinge über die wir so gern gelacht haben. Eichstätt zum Beispiel.

Und wenn ich dich jetzt anrufen könnte, dann würde ich alles stehen und liegen lassen und deine Nummer wählen, die ich immer noch im Schlaf aufsagen kann. Ich würde nicht nach ein paarmal Läuten auflegen, sondern notfalls durch klingeln lassen. Bis du antwortest. Bis ich deine Stimme noch einmal hören kann. Ich würde dir erzählen wie sehr du mir fehlst. Gerade heute. Gerade jetzt. Gerade an Weihnachten fehlen wirst. Du in meinem Schlafanzug, der dir doch viel zu klein ist. Ich könnte dir sagen wie oft mir Tränen in die Augen steigen wenn ich an dich denke und wie oft ich dabei gleichzeitig lachen muss, weil es doch schöne und zumeist auch lustige Erinnerungen sind.

Und doch wäre ich nicht die einzige, die deine Nummer wählen würde, wenn sie könnte. Da wären noch so viele mehr, die dich hier vermissen und die dich gerne hier hätten. Ich würde dich so gerne fragen, wie es ist. Und wie es war. Und ob wir uns irgendwann wieder sehen und ich dir dann alles erzählen kann. Oder ob du es bereits gesehen hast. Von da oben aus. Bist du wirklich überall dabei?? Kannst du neben mir im Auto sitzen und auf mich aufpassen, während ich fahre? Kannst du ihr sagen, dass es nicht ihre Schuld war und dass sie alles getan hat um dich zu retten? Um alles so schön und perfekt wie möglich zu machen? Kannst du mich hören, wenn ich mit dir rede? Wenn ich dich anschreie aus Wut, weil du nicht auf mich gewartet hast? Weil ich mich nichtmal verabschieden konnte und wütend auf mich selbst bin.

Wenn ich könnte… doch ich kann nicht.

Ich würde die Zeit noch einmal zurück drehen und unser letztes Treffen würde sicherlich anders aussehen. Ich hätte dich einen Moment länger umarmt und dir gesagt, dass du unglaublich wichtig für mich bist und es auch immer sein wirst. Immer und für immer. Ich würde dir eine Sms schicken. Ob es bei dir auch gerade halb acht ist, würde ich dich fragen. Und ob dein Himmel genauso blau ist wie meiner und ob bei dir auf ARD das Gleiche läuft wie bei mir. Hast du unser liebstes Weihnachtslied schon gehört und würdest du zurück kommen, wenn du könntest? Lass uns nicht darüber reden, das haben sie gesagt. Aus Selbstschutz. Aber ich möchte so gerne reden. Darüber. Über dich! Wie du warst und wie du bist. Über den, der du immer sein wirst!! Ich vermisse dich!!

Ich wähle deine Nummer. Ein letztes Mal.

 

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Das Meer

Ich berühre das Meer und dadurch irgendwie dich. Denn das Meer, das bist irgendwie du. Mein endloses Blau, meine Welle, mein Horizont. Der weiße Schaum und die Tiefe. Endlose Vielfalt und so viele verschiedene Farben. Von strahlendem Blau bis Schwarz.

Langsam gleiten meine Finger durch das Wasser und ich versuche es zu fühlen. Dich zu fühlen. Irgendwo hier bist du. Ganz nah und doch so fern. Fern von mir.

Ich möchte dich greifen, küssen und fühlen, doch das Wasser ist kalt. Salzig und kalt. Fast, wie meine Tränen, die ich immer wieder versuche zu schlucken.

Du sagt, ich muss Geduld haben. Du sagt mir, ich muss warten. Bis ich dich wieder berühren kann und bis ich wieder fühlen kann. Doch ich weiß nicht, was ich fühle. Ich fühle mein Herz, wie es zerbricht. Wie es mit jeder Sekunde ohne dich ein bisschen langsamer schlägt und jeder Riss sich tief in meinem Kopf einprägt.

Ich denke an die wundervollen Momente die wir zusammen hatten und auch an die, die noch kommen. Da ist noch so so vieles. Pläne. Träume. Hoffnung.

Das Wiedersehen.

Ich berühre das Meer und dadurch irgendwie auch dich. Denn das Meer, das bist irgendwie du. Mein endloser Schwarm aus bunten Fischen, mein Sonnenaufgang, mein Gleichgewicht. Die sanften Strudel und warmen Quellen. Endlose Träume und so viele Geschichten. Von Piraten, Seefahrer und Schätzen.

Ich ziehe meine Hand zurück und schüttele die Wassertropfen ab. Weil ich versuche, dich abzuschütteln. Die negativen Gedanken. Die Trauer und den Schmerz. Das Gefühl alleine zu sein und das Wissen, dass es meine Entscheidung war. Ich habe mich gehen lassen und dich dabei nicht mitgenommen. Ich habe meinen eigenen Weg gewählt und geplant, am Ende wieder am Anfang anzukommen. Diesen Plan habe ich nie aufgegeben. Der steht. Aber ich warte nicht auf dich, weil ich weiß, ich werde zurück kommen. Wie eine Brieftaube, die man gehen lässt und die doch immer wieder den Weg nach Hause findet. 

Ich muss mich niemals fragen, ob ich unseren Traum vergessen habe. Ich weiß, dass er ganz tief begraben liegt, in meinem Meer. Ganz tief unten, wo er auf mich wartet. 

Aber er muss dort bleiben. Du musst dort bleiben, weil ich sonst keinen einzigen Tag mehr ohne dich leben kann!!

Ich berühre das Meer und dadurch irgendwie ziemlich genau auch dich! Denn das Meer, das bist irgendwie du. Mein Anker, mein Rettungsboot, mein Jetski. Das große Abenteuer und mein Hafen in den ich zurück komme. Immer und immer wieder. Das ist mein Versprechen! 

Denn wenn ich das Meer berühre, dann berühre ich dich und ich hoffe, dass du es irgendwo da draußen fühlen kannst. Denn mein Meer, das bist du!!

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Mein größter Wunsch – My biggest wish

Was ist dein größter Wunsch? Ein Haus? Ein Hund? Ein Auto? Wir wünschen uns täglich so vieles. Für andere und für uns selbst. Alles Gute. Einen schönen Tag. Gute Reise. Gute Fahrt. 

Wieviele Menschen fuhren los und bekamen unterwegs ihr Ticket zu den Sternen? 

Im Augenwinkel sehe ich den weißen LKW der ungebremst auf mein kleines Auto zu rast. Ich stehe auf der Str. Will eigentlich links abbiegen, als er in der Kurve zum Überholen ansetzt.

In dieser Zehntel Sekunden läuft ein Film vor meinem inneren Auge ab. Er fährt schnell. Ich kann nicht weg. Der Riese knallt mir in die Seite. Glassplitter. Autoteile. Mein Gesicht im zerbrochenen Spiegel ist das letzte was ich sehe. Und mein größter Wunsch. Der jetzt nicht mehr wahr wird.

Der Polo zerquetscht wie Papier. Ein paar 100m weit gegen die Leitplanke geschoben. Es war nicht meine Schuld. 

Ein Ruck geht durch das Auto, beendet den Film und ich atme auf. Der LKW zieht links vorne an mir vorbei. Das sind nur mm die uns trennen. Schutzengel. Seine und meine.

Ich lege täglich mein Leben in die Hände anderer. In der Hoffnung dass sie es wissen und behutsam damit umgehen. Ich lege mein Leben in eure Hände sobald ich das Haus verlasse. Und so legt ihr euers in meine. Sobald wir in unsere Autos steigen. 

Mit beiden Händen fest am Steuer, den Fuß nie zu fest am Gas und jederzeit bremsbereit passe ich auf. Auf mich, auf dich, auf euch und eure Kinder. Nicht mehr und nicht weniger erwarte ich von jedem anderen. Denn „Ruhe in Frieden“ möchte ich uns erst wünschen, wenn wir alt sind. Und das wünsche ich und allen. 

ENGLISCH VERSION

What is your biggest wish? A house? A dog? A car? We want so much every day. For others and for ourselves. All the best. Have a nice day. Good Trip. Good ride.

How many people drove off and got their ticket to the stars along the way?

In the corner of my eye, I see the white truck speeding unrestrained on my little car. I’m standing on the street Willing to turn left when he starts to overtake in the curve.

In this tenth of a second, a movie runs in front of my inner eye. He drives fast. I can not leave. The giant slams me in the side. Broken glass. Car parts. My face in the broken mirror is the last thing I see. And my biggest wish. Which is no longer can come true.

The Polo crushes like paper. A few 100m pushed against the guardrail. It was not my fault. A jolt goes through the car, ends the movie and I breathe. The truck passes me in front of the left. These are just mm that separate us. Guardian Angel. His and my.

I put my life in the hands of others every day. In the hope that they know and handle it cautiously. I put my life in your hands as soon as I leave the house. And so you put yours in mine. As soon as we get in our cars.

With both hands firmly behind the wheel, the foot never too tight on the gas and always ready to brake, I watch out. On me, on you and your children. No more and no less do I expect from you. Because „Rest in peace“ I would like to wish us when we are old. And getting old is what I want for all of us.

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Kannst du mal schnell…

„Kannst du mal schnell ein Familienfoto machen, den Flyer korrigieren, ein Logo entwerfen, eine Review schreiben, mich auf deinem Foto verlinken, Produkte testen? Und das Familienfoto? Ist das schon fertig? Der Flyer müsste außerdem auch komplett neu gemacht werden und das mit dem Logo, eigentlich müsste es ein komplettes Corporate Design werden. Nicht nur für meine Firma, sondern auch für die von einem Kumpel, denn wir arbeiten zusammen und für Instagram brauchen wir dann auch noch ein paar Fotos und die Produkte. Kannst du mir dazu schon Feedback geben? Hast du den Beitrag auf deinem Blog dazu am besten schon gestern veröffentlicht, weil wir brauchen es eigentlich bis Vorgestern…..“

 

„Kannst du mal schnell ein Familienfoto machen, den Flyer korrigieren, ein Logo entwerfen, eine Review schreiben, mich auf deinem Foto verlinken, Produkte testen? Und das Familienfoto? Ist das schon fertig? Weiterlesen „Kannst du mal schnell…“

Wie es wirklich ist, nach Hause zu kommen.

 

7:30 Uhr und mein Wecker klingelt. Es ist bereits das dritte Mal innerhalb der letzten 20 Minuten. Ich springe aus meinem Bett und schlüpfe in meine Jeans und den Pullover. Warum ist es denn so verdammt kalt hier?

Ein Blick aus dem Fenster zeigt die Wiese und am Ende das kleine Waldstück vor meinem Fenster. Grau sieht es aus und die weißen Schneeflocken breiten sich langsam darüber aus. Das sieht genauso aus als damals, als ich mit zwei vollgepackten Koffern in den Zug gestiegen bin. So oft schon stand ich am Gleis, habe zum Abschied gewunken und die Tränen mit dem Taschentuch abgewischt. So ganz alleine. Fremde Koffer schieben sich irgendwie leichter als die eigenen. Und doch war ich immer diejenige, die hier geblieben ist. Nicht weiter als bis zum Stadtrand. Die große, weite Welt war so fern. Anziehend aber doch unerreichbar weit weg. Zuhause. Das war auch okay.

Ich sitze im Auto und schaue den einzelnen Schneeflocken dabei zu, wie sie die Welt in ihr weißes Kleid hüllen. Wie sie auf der Straße zu Wasser werden und einen Spiegel für die Scheinwerfer bilden. Gelb und rot. Im Kofferraum liegen meine eigenen Koffer. Zwei Stück. Vollgepackt mit den letzten fünf Monaten. Nichtmal annähernd so voll, wie mein Kopf. Mein Herz. Ich schlucke die Träne hinunter und drehe das Radio ein bisschen lauter. Mein Lieblingslied. November Rain – wie passend am 12. November.

Der Flug war ruhig. Sonnenuntergang und weiße Watte Wolken. Ein letzter Blick auf das Meer. So von oben. Ziemlich schön und ziemlich blau, wie sonst eben auch. Es wird mich nicht vermissen. Und ich? Ich werde jeden Tag daran denken. Diese endlose Weite. Die Freiheit. Die Welt. Kurz noch einmal alles Revue passieren lassen. Das Erlebte und all diese Erinnerungen. So viel weiter als damals. So viel mehr noch, das kommt. Und wie könnte es anders sein? Ein verlorenes Herz. Ein lachendes und ein weinendes Auge, denn genau so habe ich schon die Grundschule verlassen. Abschiede, die sind eben nichts für mich. Abschiede sind schwer. Aber auch nicht für immer.

Mein Schlafzimmer sieht so aus, wie ich es verlassen habe. Mein Buch liegt aufgeschlagen auf meinem Nachttisch, markiert die Seite, die ich zuletzt gelesen habe.

„Was habe ich verpasst?“, fragte Lola. „Ich habe Mum gerade von meinem neuen Job erzählt.“ „Oh.“, meinte sie nur mit einem dünnen Lächeln. Meine Mutter schien ihren offenkundigen Mangel an Interesse nicht zu bemerken, sondern strahlte, als der Kellner eine Auswahl an Sandwiches auf einem kleinen Tablett servierte……. „Aber in Wahrheit interessiert mich viel mehr, ob Clara… einen neuen Freund hat“, meinte sie.

Ich erinnere mich noch an den letzten Abend an dem ich es gelesen habe. Kurz noch hatte ich überlegt, es einzupacken und mich dann doch dagegen entschieden. Ich blättere eine Seite weiter und lege mich aufs Bett. So wie früher. So wie immer. Alles ist noch wie es war, aber ich bin eine andere. Es ist eine andere Person, die sich immer noch genauso für das Ende des gleichen Buches interessiert, wie vorher. Nur ist der Kopf jetzt voller. Das Herz schwerer.

Das ist er also, der Alltag. Herzlich willkommen zurück. Im „normalen“ Leben, wie es meine Freunde nennen. In dem, was irgendjemand einmal als normal bezeichnet hat, denn das was ich mache, das ist anders und eben nicht normal. Das ist so viel mehr, als normal und so viel aufregender.

Es ist nicht leicht zu gehen. Alles hinter sich zu lassen und aufzubrechen in die große, weite, unbekannte Welt. Mit fremden Menschen und Ländern in denen man nie zuvor war. Aber es ist auch nicht leicht, zurück zu kommen, denn die Welt dreht sich weiter. Und das scheinbar nur für mich.

Also packe ich alles, was ich ohnehin nicht brauchen werde in meine Handtasche und verlasse das Haus. Ganz normal, so wie früher eben auch, allein.

„Sind wir jetzt erwachsen, Peter?“ – mein Telefonat mit Peter Pan

Es ist mitten am Nachmittag und ich bin viel zu busy um den Anruf auf meinem Handy entgegen zu nehmen. Also busy ist hier vielleicht das falsche Wort, denn ich stehe am Bahnhof vor dem Fahrkartenautomaten und versuche ein Ticket zu lösen, was nahezu unmöglich erscheint.

Das Menü ist unübersichtlich, der Touchbildschirm lässt sich nur ohne Handschuhe bedienen und die Knöpfe sind bei der Eiseskälte eingefroren. Zu allem Überfluss nimmt der Automat auch meinen 100.-€ Schein nicht und niemand weit und breit kann mir wechseln. Ich ärgere mich darüber, denn ich möchte sehr gerne für meine Fahrt bezahlen, aber es geht nicht. Auch das Büro, in dem man Karten bekommt, hat bereits, oder immernoch, oder dauerhaft vielleicht? geschlossen. Da waren früher die Münzen aus meinem Sparschwein irgendwie praktischer.

So stehe ich also in meinen rosa Schal fluchend, vor dem Automaten und warte vergeblich auf einen Lösungsvorschlag der modernen Technik, während das Handy in meiner Tasche fröhlich vor sich hin klingelt. „Können Sie endlich an Ihr Telefon gehen?“, pflaumt mich ein älterer Herr an, der scheinbar schon etwas länger hinter mir steht und darauf wartet, dass ich endlich den Kasten freigebe. „Können Sie sich um Ihre eigenen Dinge kümmern und den Automaten dahinten benutzen? Ich bin hier noch nicht fertig.“, pampe ich zurück und krame in meiner Handtasche nach ein paar Münzen, die ich ab und zu nach dem Bezahlen dort hineinwerfe, wenn ich meinen Geldbeutel bereits eingepackt habe und zu faul bin, ihn wieder heraus zu holen.

Ich habe Glück und als endlich das Geld klimpernd durch den Schlitz fällt und ich das knatternde Drucken höre, klingelt mein Handy erneut. Wer ist denn da so hartnäckig? Ich habe keine Zeit. Ich bin busy.

Ich vergesse den Anruf und ignoriere die kleine rote zwei auf meinem Display, gleich neben dem Hörer Symbol für die nächsten drei Tage, bis es wieder klingelt. Diesmal hab ich Zeit und nehme ab. Zugegebener Weise habe ich dabei vergessen, vorher auf die Nummer zu achten und weiß ausnahmsweise mal nicht schon vorher, wer am anderen Ende ist. „Du ziehst nach London? Richtig cool!“, brüllt er in den Hörer. Fast schon ein bisschen zu enthusiastisch für meine Begriffe, denn mit so einer Reaktion, habe ich nicht gerechnet. So hat immerhin noch niemand reagiert.

„Ja, schon.“, gebe ich etwas kleinlaut zurück, denn noch weiß ich nicht, ob sich seine Begeisterung anhält, wenn ich dem Ganzen zustimme. „Geil!! Was sagen deine Freunde und deine Mama vor allem?“, wir unterhalten uns, als wäre es gestern gewesen, als wir uns schworen, niemals erwachsen zu werden und als wir irgendwie wirklich noch alles vor uns hatten. Ok, der erste Kuss war bereits vorbei, aber Studium, die erste Jobsuche, das alles lag vor uns. Niemals erwachsen werden. Einen kurzen Moment schweifen meine Gedanken ab und ich frage mich, ob ich unseren Schwur nicht schon gebrochen habe, als ich mit meinem 100.-€ Schein versucht habe, eine Fahrkarte zu kaufen. Ich mein, das ist schon irgendwie etwas, was Kinder nicht machen. Oder?

Wir reden über Freunde, die Kinder haben oder kriegen, Haus und Hund und irgendwie auch keine großen Träume oder Pläne mehr. Darüber, dass Menschen sich weiter entwickeln und dass Freundschaften, die ewig halten sollten, sich nunmal auseinander leben. Jeder geht eben seinen eigenen Weg und das ist auch genau, was wir machen. Denn wann haben wir uns zuletzt gesehen?

Richtig, vor sechs Jahren auf einen schnellen Kaffee. Weil die Zeit so schnell vergeht und just wird mir bewusst, dass unser Telefonat auch bereits über zwanzig Minuten dauert. Wir legen auf und dabei brennt mir eine wichtige Frage im Kopf, die ich seitdem nicht mehr vergessen kann.

„Sind wir jetzt erwachsen, Peter?“